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Token Economy ist viel mehr als Kryptowährungen

Autoren: Daniel Andemeskel, UI Enlyte, Michael Reinhard, Dr. Sofia Harrschar, Universal Investment

Erscheinungsdatum: 

13. Dezember 2022

Token economy Foto: metamorworks Quelle: iStock.com

So wie mit der Vorstellung des ersten Smartphones vor fünfzehn Jahren eine neue Ära begann, läuten heute Blockchain und Token Economy ein neues Zeitalter ein – auch für die Vermögensverwaltung und für Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften. Der „Kryptowinter“ wird diese Entwicklung nicht aufhalten.


Daniel Andemeskel Daniel Andemeskel, CEO und Co-Founder UI Enlyte und Head of Innovation Management, Universal Investment Gruppe / Foto: Manjit Jari
Michael Reinhard Michael Reinhard, Chief Executive Officer, Universal Investment / Foto: Manjit Jari
Dr. Sofia Harrschar Dr. Sofia Harrschar, Member of the Board, Executive Director, Country Head Luxembourg, Head of Alternative Investments & Structuring, Universal Investment / Foto: Alex Habermehl

Touchscreen statt Tastatur mit Stift, intuitive Bedienbarkeit, zuverlässiges und sicheres Betriebssystem – als Steve Jobs Anfang 2007 in San Francisco das erste iPhone vorstellte, kam das einer Revolution gleich. Längst ist das Smartphone für fast alle ein ständiger Begleiter und Schaltstelle des Lebens. Die Blockchain-Technologie könnte die Welt ähnlich nachhaltig verändern. „Blockchain und Token Economy haben immenses Veränderungspotenzial und dürften die Welt, die Finanzindustrie und die Vermögensverwaltung revolutionieren, so wie es das iPhone ab 2007 getan hat“, erklärt Daniel Andemeskel, Head of Innovation Management der Universal Investment Gruppe sowie CEO und Co-Founder von UI Enlyte.

Noch sind Alternative Investments – Private Equity, Private Debt oder Infrastrukturprojekte – mit wenigen Ausnahmen institutionellen Investoren vorbehalten. In Zukunft können Alternatives durch die Tokenisierung von Investments für alle an einer Anlage Interessierten zugänglich sein. Auch auf der Dienstleistungsseite stehen große Veränderungen an: Hier schafft die Blockchain mehr Effizienz, Transparenz und Sicherheit.

„Kryptowinter“: Eine gesunde Bereinigung

Auf 16 Billionen US-Dollar wird der Markt für tokenisierte illiquide Assets laut einer im September erschienenen Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) bis 2033 wachsen.1 „Durch die Blockchain-basierte Tokenisierung kann die Verbindung von Investoren zu Investmentmöglichkeiten neu erfunden werden“, erklärt die BCG.

Nach einem außergewöhnlichen 2021 war das laufende Jahr für die Kryptobranche allerdings nicht leicht. Die Kryptowährungen brachen massiv ein. Der Bitcoin hat seit seinem Allzeithoch im November 2021 über 70 Prozent an Wert verloren. Bei den anderen Kryptowährungen sieht es ähnlich aus, der vermeintliche Stablecoin Terra kollabierte sogar vollends. China und Russland verboten sämtliche Kryptozahlungen. Dazu kamen viele schlechte Nachrichten von Unternehmen aus der Branche, etwa die Pleite der Krypto-Kreditplattform Celsius und das Verbot des Kryptomixers Tornado Cash durch das US-Finanzministerium wegen Geldwäschevorwürfen. Der Begriff „Kryptowinter“ machte die Runde.

„Kryptowährungen sind aber nicht die einzigen digitalen Assets, die Token Economy ist viel größer“, betont Daniel Andemeskel. Dazu gehörten tokenisierte Private Market Assets (PE/PD) und Anleihen, hybride Produkte wie tokenisierte Wandelanleihen, Non-Fungible Tokens (NFT), digitale Zentralbankwährungen und auch tokenisierte Fondsanteile. „Wir sehen den ‚Kryptowinter‘ nicht unbedingt negativ, es handelt sich vielmehr um eine Bereinigung des Marktes, die faulen Äpfel fliegen raus.“ Der Markt erlange damit einen höheren Reifegrad, was wiederum dazu beitrage, dass immer mehr seriöse Investoren an seinen Möglichkeiten Interesse zeigten. Zur weiteren Reife sollten auch Aufsichtsvorgaben gehören, meint Daniel Andemeskel: „Eine wichtige Rolle spielt die Regulierung. Der Markt muss reguliert werden.“

Fonds: Kryptofreundliche Signale aus Berlin und Brüssel

In Sachen Regulierung digitaler Fonds gab es dieses Jahr abermals Fortschritte. Mit der seit 17. Juni dieses Jahres gültigen Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) entfällt die Pflicht zur Verbriefung von Wertpapieren, und zwar für OGAWs und AIFs. Emittenten dürfen Wertpapiere also nun in dezentrale, von der BaFin überwachte Register auf Blockchain-Basis, sogenannte Kryptowertpapierregister, eintragen lassen – ein echter Sprung nach vorne. Schon 2021 waren das Fondsstandortgesetz und das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren in Kraft getreten. Seitdem dürfen Spezialfonds bis zu 20 Prozent des Vermögens in Kryptowerte investieren.

1 Quelle: World Economic Forum – Global Agenda Council, BCG Analysis.

Regulierung auf deutscher und europäischer Ebene

  • Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG): Das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vom 3. Juni 2021 sieht als Kernstück die Öffnung des deutschen Rechts für elektronische Wertpapiere vor. Die bisher geltende zwingende urkundliche Verkörperung von Wertpapieren wurde damit aufgegeben.
  • Fondsstandortgesetz (FoStoG): Das am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Gesetz erteilt inländischen Spezialfonds die Erlaubnis, bis zu 20 Prozent der von ihnen verwalteten Mittel in Krypto-Assets anzulegen.
  • Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV): Die Verordnung gilt seit dem 18. Juni 2022. Deutsche Fonds können ihre Anteilsscheine nun auch auf Basis der Blockchain herausgeben.
  • Markets in Crypto-Assets (MiCA): Regulierung jeder digitalen Darstellung von Werten oder Rechten auf EU-Ebene mithilfe der Distributed Ledger Technology (DLT). Der Europäische Rat hat am 5. Oktober 2022 die endgültige Fassung des Vorschlags für den Gesetzentwurf verabschiedet. Die Umsetzung soll bis 2024 erfolgen.

„Es herrscht eine Art Wettbewerb in Europa, was die Einführung digitaler Fonds angeht“, erklärt Daniel Andemeskel. Deutschland sei nun führend. „Die neue Verordnung bestätigt unsere Prognose, dass tokenisierte Fondsanteile und letztlich vollständig digitale Fonds die Zukunft sein werden.“ Er hält es für möglich, dass schon im kommenden Jahr erste digitale Fonds in Deutschland auf den Markt kommen werden. Zudem könne die Möglichkeit, in Kryptowährungen zu investieren, auch für OGAWs geöffnet werden. Auf EU-Ebene geht es ebenfalls voran: Mit MiCA (Markets in Crypto-Assets) kümmert sich Europa als erster Kontinent um die Regulierung von Kryptowährungen, um Rechtssicherheit für Kryptowährungen, Security Tokens und Stablecoins zu schaffen.

„Digital Assets sind inzwischen eine ernst zu nehmende Anlagemöglichkeit geworden. Das sehen wir auch an den Überlegungen der EZB zum digitalen Euro“, erklärt Michael Reinhard, Chief Executive Officer von Universal Investment.

Institutionelle Investoren und Fondsinitiatoren als Gewinner

Die Token Economy hat vielerlei Vorteile für institutionelle Investoren und Fondsinitiatoren. Es entstehen neue Diversifikationsmöglichkeiten über tokenisierte Assets für institutionelle Investoren – über die Anlage in Assets, in die aktuell noch gar nicht investiert werden kann. Privatanleger können über STOs (Security Token Offerings) an Assets gelangen, die bislang institutionellen Investoren vorbehalten waren, zum Beispiel Private Equity und Private Debt. Digitale Wertpapiere helfen außerdem, die Mindestanlagesumme zu senken und die Liquidität zu verbessern. Fondsinitiatoren können sich mit ihren digitalen Produkten neue Kundengruppen erschließen, krypto- und Neobanken-affine Millennials etwa. Und sie können ebenfalls für die Privatanleger mit ihren Produkten in bislang Profis vorbehaltenden Assets investieren.

Auf der Dienstleistungsseite steigen Effizienz, Geschwindigkeit und Transparenz, etwa beim Kauf und Verkauf von Fonds und in der Abwicklung. Ein Beispiel: Durch eine Blockchain-Lösung kann der Prozess zur Identifizierung und Überprüfung von Neukunden (KYC – Know your client) deutlich beschleunigt und gleichzeitig sicherer gemacht werden. Auch neue Vertriebswege entstehen. „Die Token Economy bringt mehr Liquidität und mehr Fungibilität“, bringt es Daniel Andemeskel auf den Punkt.

Konkrete Projekte laufen

Trotz des Kryptowinters beobachtet Universal Investment, dass das Interesse bei institutionellen Investoren und bei Fondsinitiatoren groß bleibt. „Unsere Kunden sind weiter an dem Thema dran und fragen bei uns nach“, erklärt Dr. Sofia Harrschar, Head of Alternative Investments & Structuring von Universal Investment.

Das Unternehmen gilt als eine der wichtigsten Anlaufstellen in Deutschland und Europa, denn es beschäftigt sich schon seit 2019 intensiv mit digitalen Assets und der Blockchain. Im Dezember 2020 gründete Universal Investment UI Enlyte, mit dem Ziel, die Kunden in die Blockchain-Welt zu begleiten und die traditionelle Welt der regulierten Fonds mit der neuen Welt der Digital Assets in Einklang zu bringen. „Wir haben hier Pionierarbeit geleistet“, bemerkt Michael Reinhard. „Nun kommt uns zugute, dass wir uns früh mit all diesen Themen beschäftigt sowie Know-how und technische Infrastruktur in unserer Tochtergesellschaft UI Enlyte gebündelt haben.“ Kunden kämen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, gerade auch Alternative-Investments-Manager gehörten dazu und profitierten von der frühzeitig aufgebauten Expertise. „Das frühe Engagement war enorm wichtig, denn wenn man nicht in die Zukunft investiert, riskiert man die eigene Relevanz.“

UI Enlyte bietet eine eigens entwickelte, modular aufgebaute und auf der Blockchain-Technologie basierende Investmentplattform an. Sämtliche Phasen des Anlageprozesses werden damit End to End und vollständig digital auf einer einzigen Plattform abgebildet – vom einfachen und sicheren Onboarding über die Emission sowie den Kauf und Verkauf Token-basierter Strukturen und deren Administration bis hin zum Reporting. Kunden erhalten somit eine ganzheitliche White-Label-Lösung und ersparen sich den langwierigen Aufbau eigener Kapazitäten.

Wichtiger Fokus bei der Entwicklung der Plattform war die Einhaltung regulatorischer Vorgaben und höchster Sicherheitsstandards. So wurde UI Enlyte dieses Jahr bereits zum zweiten Mal in Folge ISO-27001-zertifiziert.

Die Auszeichnung als beste Digital Asset Initiative mit dem Asset Servicing Times Industry Excellence Award 2022 unterstreicht das umfassende Angebot und die einzigartige Positionierung von UI Enlyte im internationalen Markt.

UI Enlyte steht dabei nicht allein, sondern ist eingebunden in ein ganzes Ökosystem etablierter und verlässlicher Partner: auf der einen Seite die gesamte Universal Investment Gruppe mit den Bereichen Strukturierung, Vertrieb, Marketing etc., auf der anderen Seite Geschäftspartner, Verwahrstellen, Banken, Market Maker und weitere Beteiligte.

Die fünf Produktdimensionen von UI Enlyte
Produktdimensionen von UI Enlyte
Quelle: UI Enlyte-Gesellschaft mbH

Aktuell auf der Agenda von UI Enlyte: Krypto-Assets in Fonds nach § 284 KAGB, die Tokenisierung von Fondsanteilen für OGAWs und AIFs, STOs, eine Kryptoverwahrlösung (für den Direktbestand) und auch die Auflage komplett digitaler Fonds. Konkret heißt das zum Beispiel, dass UI Enlyte eine technische Lösung bietet, über die reguläre Spezialfonds bis zu 20 Prozent in Krypto-Assets investieren können, gemäß den regulatorischen Standards von heute.

Das nächste Ziel ist die Internationalisierung. Universal Investment hat bereits Niederlassungen in Luxemburg und Irland, dorthin sollen die Aktivitäten im Bereich Blockchain und Token Economy ausgeweitet werden. „Der jüngste Einstieg des Canada Pension Plan Investment Board bei Universal Investment eröffnet weitere internationale Perspektiven“, bemerkt Michael Reinhard.

Alternatives in der Zukunft: ESG, Blockchain und „Private“ für alle

Und wie wird die Welt der Alternative Investments in zehn oder fünfzehn Jahren aussehen? „Wir erwarten einen Dreiklang aus nachhaltigem Investieren, Blockchain-basierter technischer Infrastruktur und einem einfachen Zugang zu Private Markets“, erklärt Daniel Andemeskel. Nachhaltiges, ESG-konformes Investieren wird dann viel leichter sein. Anleger könnten in Zukunft zum Beispiel über die Blockchain direkt in Wälder oder in die ökologische Produktion von Tee in Indien investieren.

BAI-Beitrag

Dieser Artikel ist bereits im BAI-Newsletter VI/2022 erschienen.
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