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Anlageverordnung: Die Tücken der Rundschreiben

Autor: Anna Izzo-Wagner, Sarah Vanessa Schneider, Dr. Sofia Harrschar

Erscheinungsdatum:

26. September 2017)

  • Regulierung
Anlageverordnung: Die Tücken der Rundschreiben Foto: dkfielding Quelle: iStock
Mit einem neuen Kapitalanlagerundschreiben will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vielfältigen Gesetzesänderungen Rechnung tragen, vor allem der Aufhebung des Investmentgesetzes (InvG) und der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) durch das AIFM-Umsetzungsgesetz. Ein weiteres neues Rundschreiben soll den Einsatz derivativer Finanzinstrumente und strukturierter Produkte regulieren. Universal-Investment hat die Konsultationsentwürfe mit Experten unter die Lupe genommen.
Künftig sollen Anleger vor und während der Anlage prüfen, ob Investments mit den Anlagegrundsätzen vereinbar und für das Sicherungsvermögen geeignet sind
Anna Izzo-Wagner, Salary Partner, Taylor Wessing
Quelle: Taylor Wessing

Betroffen sind von beiden Rundschreiben alle Institutionen, für die die Anlageverordnung (AnlV) gilt, also kleine Versicherungsunternehmen sowie inländische Pensionskassen, Pensionsfonds und berufsständische Versorgungswerke.

Neue Prüfpflichten

Eine wesentliche Neuerung betrifft die „Due Diligence“ im Investmentprozess. „Künftig sollen Anleger vor und während der Anlage prüfen, ob Investments mit den Anlagegrundsätzen vereinbar und für das Sicherungsvermögen geeignet sind“, erklärt Anna Izzo-Wagner von der Kanzlei Taylor Wessing, „ausdrücklich einbezogen ist dabei die Überprüfung des Managers sowie seiner externen Dienstleister.“ Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) und Asset Managern drohen damit kürzere Reporting- Zyklen, Investoren mehr Dokumentationspflichten. Die Folge: „Künftig werden die betroffenen Anleger wohl vermehrt in Sondervermögen investieren, die durch etablierte Kapitalverwaltungsgesellschaften und Asset Manager geleitet werden“, so Izzo-Wagner: „Bei mehr Reporting- und Dokumentationsaufwand haben größere Einheiten einen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern.“

Unklar ist, inwieweit Investoren die Prüfpflichten delegieren können. „Vor allem kleinere Institutionen werden professionelle Hilfe brauchen“, sagt Sarah Vanessa Schneider von Rödl & Partner Rechtsanwälte, „wer die Prüfpflichten an die KVG abgibt, könnte dort aber Interessenkonflikte riskieren.“ Auch die KVGs müssten sich darauf einstellen, künftig genauer unter die Lupe genommen zu werden. Vorbei sind laut Schneider die Zeiten, als man sich auf gute Ratings bei den ins Auge gefassten Anlagen verlassen konnte. „Das geht jetzt nicht mehr, man muss jedes Investmentvermögen selber überprüfen.“

Dabei stellt sich die Frage, ob eine doppelte Prüfung notwendig ist. Dr. Sofia Harrschar, Abteilungsleiterin Product Solutions bei Universal-Investment, verweist darauf, dass die von Spezialfonds anvisierten Zielfonds schon heute durch die KVG durchleuchtet werden müssen: „Wenn der Anleger das nach den gleichen Kriterien noch einmal machen müsste, würde das doppelt geschehen und wäre damit überflüssig.“

Kreditfonds in der Klemme

Die Investition in Kredite wird nach den aktuellen Entwürfen nicht leichter. „Offene Spezialfonds, die in Loans investieren, fallen unter die 7,5-Prozent-Quote für sonstige Alternative Investmentfonds (AIF)“, sagt Harrschar, „geschlossene Fonds könnten, wenn sie direkt Kredite ausreichen, zwar theoretisch in die Beteiligungsquote fallen, die Bedingungen dafür sind aber so eng gefasst, dass in den meisten Fällen doch nur die AIF-Quote in Frage kommt.“ So müssten Fonds bei der Vergabe von Darlehen ähnlich wie eine Bank agieren und die entsprechende Infrastruktur vorhalten. Kritisch sehen Experten die 30-Prozent-Grenze für Investitionen in unverbriefte Darlehensforderungen. „Für eine solche Grenze bietet die AnlV keine Grundlage,“ sagt Anna Izzo-Wagner, „in der AnlV-Entwurfsfassung wurde eine Aufnahme noch diskutiert, dann aber verworfen.“ Dass die BaFin ihre Position nun über die Auslegung ihrer Verwaltungspraxis durchsetzen will, sei wenig nachvollziehbar. Sofia Harrschar merkt an, dass auf der Ebene offener Spezialfonds grundsätzlich eine Grenze nachvollziehbar sei, weil eine gewisse Liquidität gebraucht werde. „Unklar ist aber, ob offene Spezialfonds weiter in Zielfonds investieren dürfen, die zu 100 Prozent in Loans investiert sind“, sagt sie, „da fehlt eine Klarstellung.“

Eine Beschränkung der Fremdmittelaufnahme von Private-Equity-Fonds auf zehn Prozent ist in der Praxis kaum umsetzbar
Sarah Vanessa Schneider, Rechtsanwältin, Rödl & Partner Rechtsanwälte
Quelle: Rödl & Partner Rechtsanwälte

Schwierig bleibt auch die Investition in Loan-Fonds, die in die 5-Prozent-Quote für High-Yield-Darlehen fallen sollen. „Ein Fonds passt dort schon dann nicht mehr hinein, wenn Kredite mit einem Rating unterhalb von „B-“ beinhaltet sind“, erläutert Harrschar. Theoretisch können Darlehen zwar an Firmen außerhalb des Investment-Grade-Spektrums ausgegeben werden, wenn sie ausreichend dinglich oder schuldrechtlich besichert sind. „Der Konsultationsentwurf des Kapitalanlagerundschreibens sagt aber nicht, was eine ausreichende dingliche oder schuldrechtliche Besicherung ist“, merkt Sarah Vanessa Schneider an.

Private Equity ohne Fremdmittel?

Schneider kritisiert auch, dass die Fremdmittelaufnahme für Private-Equity-Fonds auf zehn Prozent beschränkt werden soll. „In der Praxis ist eine so geringe Fremdkapitalquote kaum umsetzbar, außerdem weiß man nicht, auf welche Größe sich die zehn Prozent beziehen.“ Anbieter von Private-Equity-Fonds dürften es künftig schwer haben, mit den geplanten Einschränkungen noch Produkte auf den Markt zu bringen. Erfreuliche Änderungen für Anleger sieht Schneider bei offenen Immobilienspezialfonds: „Sie müssen Anteilrücknahmen nicht mehr innerhalb von sechs Monaten, sondern nur noch innerhalb eines Jahres gewährleisten, und ihnen wird eine Kreditaufnahme in Höhe von bis zu 60 Prozent des Investmentvermögens ermöglicht.“

Auch das neue Derivate-Rundschreiben soll Änderungen bringen. Den Entwürfen zufolge sollen Vorkäufe nur noch bis zu einer Grenze von 15 Prozent der im Sicherungsvermögen gehaltenen Kapitalanlagen zulässig sein, die Regelungen sollen zudem auf Vorverkäufe ausgedehnt werden, die bislang nicht der gleichen Regulierung unterlagen. „Dies steht im Widerspruch zur Möglichkeit, Teile des Sicherungsvermögens für Wertpapierdarlehen zu verwenden“, erklärt Anna Izzo-Wagner, „weswegen Vorkäufe zur Absicherung des Wiederanlagerisikos schlechter gestellt werden, ist nicht nachvollziehbar.“

Dr. Sofia Harrschar
Wenn immer mehr Anlagen nur noch in der 7,5-Prozent-Quote für sonstige AIFs umgesetzt werden können, wird die Investition in Alternatives nicht leichter
Dr. Sofia Harrschar, Head of Alternative Investments

Enge in der Quote

Bis zur Veröffentlichung der BaFin-Rundschreiben hoffen die Experten noch auf Änderungen. Sarah Vanessa Schneider betont, dass es eine klare Aussage zum Bestandsschutz für Altanlagen geben müsse. „Da sehen wir dringenden Handlungsbedarf, denn ohne Klarstellung könnten größere Umschichtungen bei den Anlagen der betroffenen Institutionen nötig werden.“

Klarstellungen sind auch deshalb wichtig, weil die 7,5-Prozent-Quote für sonstige AIFs eng ist, wie Sofia Harrschar ausführt: „Wenn immer mehr verschiedene Vermögenswerte nur noch innerhalb dieser Quote umgesetzt werden können, wird die Investition gerade in Alternative Anlagen nicht leichter.“ Pensionskassen, Pensionsfonds und kleinere Versicherer müssten künftig auf jeden Fall ihr Risikomanagement verbessern und entweder alle Anlagen selbst verstehen lernen – oder externe Hilfe zu Rate ziehen. „Die Rundschreiben konkretisieren, was jetzt zu tun ist“, so Harrschar, „wer dies mit internen Ressourcen nicht schafft, kann auf externe Beratung zurückgreifen, wie sie Universal-Investment umfassend anbietet – gerade auch rund um die ‚Alternatives‘.“

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